B. Das Objekt

§ 194

Das Objekt ist unmittelbares Sein durch die Gleichgültigkeit gegen den Unterschied, als welcher sich in ihm aufgehoben hat, und ist in sich Totalität, und zugleich, indem diese Identität nur die ansichseiende der Momente ist, ist es ebenso gleichgültig gegen seine unmittelbare Einheit; es ist ein Zerfallen in Unterschiedene, deren jedes selbst die Totalität ist. Das Objekt ist daher der absolute Widerspruch der vollkommenen Selbständigkeit des Mannigfaltigen und der ebenso vollkommenen Unselbständigkeit der Unterschiedenen.

Die Definition "das Absolute ist das Objekt" ist am bestimmtesten in der Leibnizischen Monade enthalten, welche ein Objekt, aber an sich vorstellend, und zwar die Totalität der Weltvorstellung sein soll; in ihrer einfachen Einheit ist aller Unterschied nur als ein ideeller, unselbständiger. Es kommt nichts von außen in die Monade, sie ist in sich der ganze Begriff, nur unterschieden durch dessen eigene größere oder geringere Entwicklung. Ebenso zerfällt diese einfache Totalität in die absolute Vielheit der Unterschiede so, daß sie selbständige Monaden sind. In der Monade der Monaden und der prästabilierten Harmonie ihrer inneren Entwicklungen sind diese Substanzen ebenso wieder zur Unselbständigkeit und Idealität reduziert. Die Leibnizische Philosophie ist so der vollständig entwickelte Widerspruch.

Zusatz 1. Wenn das Absolute (Gott) als das Objekt aufgefaßt und dabei stehengeblieben wird, so ist dies, wie solches in der neueren 8/350 Zeit vornehmlich Fichte mit Recht hervorgehoben hat, überhaupt der Standpunkt des Aberglaubens und der knechtischen Furcht. Allerdings ist Gott das Objekt, und zwar das Objekt schlechthin, welchem gegenüber unser besonderes (subjektives) Meinen und Wollen keine Wahrheit und keine Gültigkeit hat. Aber eben als das absolute Objekt steht Gott nicht als eine finstere und feindliche Macht der Subjektivität gegenüber, sondern enthält vielmehr diese als wesentliches Moment in sich selbst. Dies ist in der christlichen Religionslehre ausgesprochen, worin es heißt, Gott wolle daß allen Menschen geholfen werde, und er wolle, daß alle Menschen selig werden. Daß den Menschen geholfen wird, daß sie selig werden, dies geschieht dadurch, daß sie zu dem Bewußtsein ihrer Einheit mit Gott gelangen und daß Gott aufhört, für sie bloßes Objekt und eben damit Gegenstand der Furcht und des Schreckens zu sein, wie dies namentlich für das religiöse Bewußtsein der Römer der Fall war. Wenn dann weiter in der christlichen Religion Gott als die Liebe gewußt wird, und zwar insofern, als er in seinem Sohn, der mit ihm Eines ist, als dieser einzelne Mensch sich den Menschen geoffenbart und dadurch dieselben erlöst hat, so ist damit gleichfalls ausgesprochen, daß der Gegensatz von Objektivität und Subjektivität an sich überwunden ist, und unsere Sache ist es, dieser Erlösung uns dadurch teilhaftig zu machen, daß wir von unserer unmittelbaren Subjektivität ablassen (den alten Adam ausziehen) und uns Gottes als unseres wahren und wesentlichen Selbsts bewußt werden. - So wie nun die Religion und der religiöse Kultus in der Überwindung des Gegensatzes von Subjektivität und Objektivität besteht, ebenso hat auch die Wissenschaft und näher die Philosophie keine andere Aufgabe als die, diesen Gegensatz durch das Denken zu überwinden. Beim Erkennen ist es überhaupt darum zu tun, der uns gegenüberstehenden objektiven Welt ihre Fremdheit abzustreifen, uns, wie man zu sagen pflegt, in dieselbe zu finden, welches ebensoviel heißt, als das Objektive auf den Begriff zurückzuführen, welcher unser innerstes Selbst ist. Aus der bisherigen Erörterung ist zu entnehmen, wie verkehrt es ist, Subjektivität und Objektivität als einen festen und abstrakten Gegensatz zu betrachten. Beide sind schlechthin dialektisch. Der Begriff, welcher zunächst nur subjektiv ist, schreitet, ohne daß er dazu eines äußeren Materials oder Stoffs bedarf, seiner eigenen Tätigkeit gemäß dazu fort, sich zu objektivieren, und ebenso ist das Objekt nicht ein Starres und Prozeßloses, sondern sein Prozeß ist der, sich als das zugleich Subjektive zu erweisen, welches den Fortgang zur Idee bildet. Wer mit den Bestimmungen der Subjektivität und Objektivität nicht vertraut ist und dieselben in ihrer Abstraktion festhalten will, dem 8/351 geschieht es, daß ihm diese abstrakten Bestimmungen, ehe er sich dessen versieht, durch die Finger laufen und er gerade das Gegenteil von dem sagt, was er hat sagen wollen.

Zusatz 2. Die Objektivität enthält die drei Formen des Mechanismus, des Chemismus und der Zweckbeziehung. Das mechanisch bestimmte Objekt ist das unmittelbare, indifferente. Dasselbe enthält zwar den Unterschied, allein die Verschiedenen verhalten sich als gleichgültig gegeneinander, und ihre Verbindung ist ihnen nur äußerlich. Im Chemismus erweist sich das Objekt dagegen als wesentlich different, dergestalt, daß die Objekte das, was sie sind, nur durch ihre Beziehung aufeinander sind und die Differenz ihre Qualität ausmacht. Die dritte Form der Objektivität, das teleologische Verhältnis, ist die Einheit des Mechanismus und des Chemismus. Der Zweck ist wieder, wie das mechanische Objekt, in sich beschlossene Totalität, jedoch bereichert durch das im Chemismus hervorgetretene Prinzip der Differenz, und so bezieht sich derselbe auf das ihm gegenüberstehende Objekt. Die Realisierung des Zweckes ist es dann, welche den Übergang zur Idee bildet.