α. Das System der Bedürfnisse
§ 524

1. Die Besonderheit der Personen begreift zunächst ihre Bedürfnisse in sich. Die Möglichkeit der Befriedigung derselben ist hier in den gesellschaftlichen Zusammenhang gelegt, welcher das allgemeine Vermögen ist, aus dem alle ihre Befriedigung erlangen. Die unmittelbare Besitzergreifung (§ 488) von äußeren Gegenständen als Mitteln hierzu findet in dem Zustande, worin dieser Standpunkt der Vermittlung realisiert ist, nicht mehr oder kaum statt; die Gegenstände sind Eigentum. Deren Erwerb ist einerseits durch den 10/321 Willen der Besitzer, der als besonderer die Befriedigung der mannigfaltig bestimmten Bedürfnisse zum Zwecke hat, bedingt und vermittelt, sowie andererseits durch die immer sich erneuernde Hervorbringung austauschbarer Mittel durch eigene Arbeit; diese Vermittlung der Befriedigung durch die Arbeit aller macht das allgemeine Vermögen aus.

§ 525

2. In die Besonderheit der Bedürfnisse scheint die Allgemeinheit zunächst so, daß der Verstand an ihnen unterscheidet und dadurch sie selbst wie die Mittel für diese Unterschiede ins Unbestimmte vervielfältigt und beides immer abstrakter macht; diese Vereinzelung des Inhalts durch Abstraktion gibt die Teilung der Arbeit. Die Gewohnheit dieser Abstraktion im Genusse, Kenntnis, Wissen und Benehmen macht die Bildung in dieser Sphäre, - überhaupt die formelle Bildung aus.

§ 526

Die damit zugleich abstraktere Arbeit führt einerseits durch ihre Einförmigkeit auf die Leichtigkeit der Arbeit und die Vermehrung der Produktion, andererseits zur Beschränkung auf eine Geschicklichkeit und damit zur unbedingten Abhängigkeit von dem gesellschaftlichen Zusammenhange. Die Geschicklichkeit selbst wird auf diese Weise mechanisch und bekommt die Fähigkeit, an die Stelle menschlicher Arbeit die Maschine treten zu lassen.

§ 527

3. Die konkrete Teilung aber des allgemeinen Vermögens, das ebenso ein allgemeines Geschäft ist, in die besonderen, nach den Momenten des Begriffs bestimmten Massen, welche eine eigentümliche Subsistenzbasis und im Zusammenhange damit entsprechende Weisen der Arbeit, der Bedürfnisse und der Mittel ihrer Befriedigung, ferner der Zwecke und 10/322 Interessen sowie der geistigen Bildung und Gewohnheit besitzen, macht den Unterschied der Stände. - Die Individuen teilen sich denselben nach natürlichem Talent, nach Geschicklichkeit, Willkür und Zufall zu. Solcher bestimmten, festen Sphäre angehörig, haben sie ihre wirkliche Existenz, welche als Existenz wesentlich eine besondere ist, und in derselben ihre Sittlichkeit als Rechtschaffenheit, ihr Anerkanntsein und ihre Ehre.

Wo bürgerliche Gesellschaft und damit Staat vorhanden ist, treten die Stände in ihrem Unterschiede ein; denn die allgemeine Substanz als lebendig existiert nur, insofern sie sich organisch besondert; die Geschichte der Verfassungen ist die Geschichte der Ausbildung dieser Stände, der rechtlichen Verhältnisse der Individuen zu denselben und ihrer zueinander und zu ihrem Mittelpunkte.

§ 528

Der substantielle, natürliche Stand hat an dem fruchtbaren Grund und Boden ein natürliches und festes Vermögen; seine Tätigkeit erhält ihre Richtung und Inhalt durch Naturbestimmungen, und seine Sittlichkeit gründet sich auf Glauben und Vertrauen. Der zweite, der reflektierte Stand ist auf das Vermögen der Gesellschaft, auf das in Vermittlung, Vorstellung und in ein Zusammen der Zufälligkeiten gestellte Element, und das Individuum auf seine subjektive Geschicklichkeit, Talent, Verstand und Fleiß angewiesen. Der dritte, denkende Stand hat die allgemeinen Interessen zu seinem Geschäfte; wie der zweite hat er eine durch die eigene Geschicklichkeit vermittelte und wie der erste eine aber durch das Ganze der Gesellschaft gesicherte Subsistenz.