β. Die Elemente des Gegensatzes
§ 283

Die Elemente des Gegensatzes sind erstens das Fürsichsein, aber nicht das gleichgültige der Starrheit, sondern das in der Individualität als Moment gesetzte, als die fürsichseiende Unruhe derselben, - das Feuer. - Die Luft ist an sich Feuer (wie sie sich durch Kompression zeigt), und im Feuer ist sie gesetzt als negative Allgemeinheit oder sich auf sich beziehende Negativität. Es ist die materialisierte Zeit oder Selbstischkeit (Licht identisch mit Wärme), das schlechthin Unruhige und Verzehrende, in welches ebenso die Selbstverzehrung des Körpers ausschlägt, als es umgekehrt äußerlich an ihn kommend ihn zerstört, - ein Verzehren eines Anderen, das zugleich sich selbst verzehrt und so in Neutralität übergeht. 9/139

Zusatz. Schon die Luft ist diese Negativität der Besonderheit, aber unscheinbar, weil sie noch in der Gestalt der ununterschiedenen Gleichheit gesetzt ist; aber als Isoliertes, Einzelnes, von anderen Weisen der Existenz Unterschiedenes, an einem bestimmten Orte Gesetztes ist sie das Feuer. Es existiert nur als dies Verhältnis zu einem Besonderen, saugt es nicht aus, macht es nicht bloß geschmack- und geruchlos, zur bestimmungslosen, faden Materie, sondern verzehrt das Partikulare als Materie. Die Wärme ist nur die Erscheinung dieses Verzehrens am individuellen Körper und so identisch mit dem Feuer. Das Feuer ist das existierende Fürsichsein, die Negativität als solche; allein nicht die Negativität von einem Anderen, sondern die Negation des Negativen, aus der die Allgemeinheit und Gleichheit resultiert. Die erste Allgemeinheit ist tote Affirmation, die wahrhafte Affirmation ist das Feuer. Das Nichtseiende ist in ihm als seiend gesetzt und umgekehrt; so ist das Feuer die Zeit. Als eines der Momente ist das Feuer schlechthin bedingt, nur seiend in der Beziehung auf partikularisierte Materie, wie die Luft. Es ist Aktivität, die nur im Gegensatze ist, nicht die Aktivität des Geistes; um zu verzehren, muß es etwas zu verzehren haben; hat es kein Material, so ist es verschwunden. Der Prozeß des Lebens ist auch Feuerprozeß, denn er besteht darin, die Besonderheiten zu verzehren; er bringt aber sein Material ewig wieder hervor.
Was vom Feuer verzehrt wird, ist einmal das Konkrete, dann das Entgegengesetzte. Das Konkrete verzehren heißt, es zum Gegensatze bringen, es begeisten, es befeuern; dahin gehört das Oxydieren, eine Säure kaustisch machen. So wird das Konkrete zur Schärfe gebracht, zu dem sich selbst Verzehrenden, und dies ist ein Spannen desselben gegen Anderes. Die andere Seite ist, daß das Bestimmte, Unterschiedene, Individualisierte, Besondere, das in allem Konkreten vorhanden ist, zur Einheit, zum Unbestimmten, Neutralen reduziert wird. So soll jeder Prozeß der Chemie Wasser produzieren, so wie er Entgegensetzung hervorbringt. Das Feuer ist different gesetzte Luft, negierte Einheit, Gegensatz, der aber ebenso zur Neutralität reduziert wird. Die Neutralität, worin das Feuer versinkt, das erloschene Feuer, ist das Wasser. Der Triumph der ideellen Identität, zu der das Partikularisierte gebracht wird, ist als erscheinende Einheit das Licht, die abstrakte Selbstischkeit. Und indem das Irdische als Grund des Prozesses übrigbleibt, so kommen hier alle Elemente zum Vorschein.

§ 284

Das andere [Element] ist das Neutrale, der in sich zusammengegangene 9/140 Gegensatz, der, ohne fürsichseiende Einzelheit, hiermit ohne Starrheit und Bestimmung in sich, ein durchgängiges Gleichgewicht, alle mechanisch in ihm gesetzte Bestimmtheit auflöst, Begrenztheit der Gestalt nur von außen erhält und sie nach außen sucht (Adhäsion) [und] ohne die Unruhe des Prozesses an ihm selbst schlechthin die Möglichkeit desselben, die Auflösbarkeit, wie die Fähigkeit der Form der Luftigkeit und der Starrheit als eines Zustandes außer seinem eigentümlichen, der Bestimmtlosigkeit in sich, ist; - das Wasser.

Zusatz. 1. Das Wasser ist das Element des selbstlosen Gegensatzes, das passive Sein-für-Anderes, während das Feuer das aktive Sein-für-Anderes ist, das Wasser hat somit Dasein als Sein-für-Anderes. Es hat durchaus keine Kohäsion in sich selbst, keinen Geruch, keinen Geschmack, keine Gestalt; seine Determination ist, das noch nicht Besondere zu sein. Es ist abstrakte Neutralität, nicht, wie das Salz, individualisierte Neutralität; und darum ist es früh "die Mutter alles Besonderen" genannt worden. Das Wasser ist flüssig wie die Luft, aber nicht elastisch flüssig, so daß es sich nach allen Seiten expandierte. Es ist irdischer als die Luft, sucht einen Schwerpunkt, steht dem Individuellen am nächsten und treibt nach ihm hin, weil es an sich konkrete Neutralität ist, die aber noch nicht als konkret gesetzt ist, während die Luft nicht einmal an sich konkret ist, es ist so die reale Möglichkeit des Unterschiedes, der aber noch nicht an ihm existiert. Indem das Wasser keinen Schwerpunkt in sich selbst hat, so ist es nur der Richtung der Schwere unterworfen, und da es ohne Kohäsion ist, so wird jeder Punkt nach der vertikalen Richtung gedrückt, die linear ist; weil dann kein Teil Widerstand leisten kann, so setzt sich das Wasser in der Horizontalität. Jeder mechanische Druck von außen ist daher nur ein Vorübergehendes; der gedrückte Punkt kann sich nicht für sich erhalten, sondern teilt sich den anderen mit, und diese heben den Druck auf. Das Wasser ist noch durchsichtig, aber, da es schon irdischer, auch nicht mehr so durchsichtig als die Luft. Als das Neutrale ist es das Lösungsmittel der Salze und Säuren: was im Wasser aufgelöst worden, verliert seine Gestalt; das mechanische Verhältnis ist aufgehoben, und es bleibt nur das chemische. Das Wasser ist das Gleichgültige gegen die verschiedenen Gestaltungen und die Möglichkeit, elastisch flüssig als Dampf, tropfbar flüssig, und starr als Eis zu sein; dies alles ist aber nur ein Zustand und formeller Übergang. Diese Zustände hängen nicht vom Wasser 9/141 selbst ab, sondern von einem Anderen, indem sie nur äußerlich durch die veränderte Temperatur der Luft an ihm hervorgebracht werden. Das ist die erste Folge der Passivität des Wassers.
2. Eine zweite Folge ist, daß das Wasser nicht oder nur sehr wenig kompressibel ist; denn absolute Bestimmung fehlt in der Natur. Es leistet nur als Masse, nicht als in sich Vereinzeltes Widerstand nämlich im gewöhnlichen Zustande als tropfbar flüssig. Man könnte denken, Kompressibilität sei Folge der Passivität; das Wasser ist aber umgekehrt wegen seiner Passivität nicht kompressibel, d. h. die Größe seines Raums [bleibt] unverändert. Weil die Luft tätige Intensität, obgleich nur als allgemeine Macht des Fürsichseins ist, so ist sie gleichgültig gegen ihr Außereinander, ihren bestimmten Raum, und darum kann sie komprimiert werden. Eine Raumveränderung des Wassers wäre also eine Intensität in sich, die es nicht hat; wird nun dennoch die Größe des Raums bei ihm verändert, so ist dies zugleich mit einer Veränderung seines Zustandes verbunden. Als elastisch flüssig und als Eis nimmt das Wasser einen größeren Raum ein, eben weil die chemische Qualität eine andere geworden ist; und die Physiker haben Unrecht, den größeren Raum, den das Eis einnimmt, den Luftblasen zuzuschreiben, die sich darin befinden.
3. Eine dritte Folge dieser Passivität ist die Leichtigkeit der Separation und der Trieb des Wassers, zu adhärieren, d. h. daß es naß macht. Es bleibt überall hängen, steht mit jedem Körper, den es berührt, in näherem Zusammenhange als mit sich selbst. Es macht sich von seinem Ganzen los, ist nicht nur aller Gestalt von außen fähig, sondern sucht wesentlich solchen äußeren Halt und Zusammenhang, um sich zu teilen, da es eben keinen festen Zusammenhang und Halt in sich selbst hat. Sein Verhältnis zum Öligen, Fetten macht freilich wieder eine Ausnahme.
Fassen wir nun den Charakter der drei betrachteten Elemente noch einmal zusammen, so müssen wir sagen: Die Luft ist allgemeine Idealität alles anderen, das Allgemeine in der Beziehung auf Anderes, durch welche alles Besondere vertilgt wird; das Feuer ist dieselbe Allgemeinheit, aber als erscheinend, und darum in Gestalt des Fürsichseins, also die existierende Idealität, die existierende Natur der Luft, das zur Erscheinung kommende Zum-Schein-Machen des Anderen; das dritte ist passive Neutralität. Das sind die notwendigen Gedankenbestimmungen dieser Elemente.